Interview: „Ich will wieder mit Herz & Leidenschaft schießen!“

19.03.2018

Daniel "Brodi" Brodmeier legte nach den Olympischen Spielen 2016 (4. Platz KK3x40) sein Gewehr für ein Jahr in die Ecke, um den Kopf wieder frei zu bekommen. Kurz vor seiner Rückkehr, warf ihn eine Ellbogen-Verletzung im Juli letzten Jahres weit zurück. Doch beim Internationalen Saisonauftakt der Sportschützen (ISAS) in Dortmund (18.-25. März) will der 30-jährige Niederlauterbacher erstmals wieder voll angreifen, wie er im Interview verrät.

Daniel, warum hast du nach den Olympischen Spielen 2016 eine Pause vom Schießsport eingelegt?

Brodmeier: „Wir üben einen Sport aus, bei dem es nicht um Geld geht. Jeder von uns Spitzensportlern macht diesen Sport, weil es ihm Spaß macht und man mit Leidenschaft dahinter steht. Wir sind alle irgendwo Idealisten, und wenn ich selbst merke, dass ich diese Leidenschaft nicht mehr aufbringen kann, nicht mehr mit Herz schieße, dann muss ich etwas ändern.“ 

Hat dir die Olympia-Belastung den Spaß geraubt?

Brodmeier: „Ich habe zwei Olympiazyklen mitgemacht und nebenbei gearbeitet. Ich war nicht freigestellt, musste jeden Tag genau planen, um alles unter einen Hut zu bringen. Das habe ich über fünf Jahre gemacht, und da magst du einfach irgendwann nicht mehr. Du bist fertig und ausgelaugt und siehst den Sport nur noch als Arbeit. Das wollte ich nicht. Ich will wieder mit Herz und Leidenschaft schießen. Das ist mir abgegangen.“ 

Wann wusstest du, dass eine Pause zwingend notwendig für dich ist?

Brodmeier: „Bereits vor dem Olympiajahr habe ich beschlossen, danach ein Jahr Pause zu machen. Ich möchte wieder dieses Kribbeln und dieses Feeling haben. Wenn ich diese ganze Zeit und Energie schon opfere, dann mit Spaß, Herz und Leidenschaft.“

Ein Bruch des Ellbogens durch einen Sturz im Kanada-Urlaub hat dich auf dem Weg zum Comeback weit zurück geworfen. Wie ist dein aktueller Trainingsstand?

Brodmeier: „Das Training ist noch sehr mühsam, weil es noch nicht so funktioniert, wie ich es mir vorstelle. Aber meine Technik habe ich nicht verlernt. Mein Ellbogen beeinträchtigt vor allem meinen Kniend- und Stehendanschlag.“ 

Wie sehen diese Probleme aus?

Brodmeier: „Zwar verläuft der Heilungsprozess nach Plan, aber ich schaffe es noch nicht, meine Muskulatur richtig zu entspannen, was zu unkontrollierbaren Muskelkontraktionen führt, die sich auf die Gewehrmündung auswirken. Da ich zwei Schrauben in meinem Knochen habe, ist die Muskulatur darüber immer ein bisschen gereizt. Ich muss lernen, ganz bewusst die Spannung raus zu nehmen, was mir noch nicht so leicht fällt.“ 

Die ISAS soll dein erster Wettkampf seit den Deutschen Meisterschaften 2016 werden.

Brodmeier: „Die ISAS ist für mich ein Probewettkampf. Seit meiner Verletzung habe ich erst ein 3x40-Programm geschossen, was dazu führte, dass ich mein Gewehr erst einmal wieder drei Tage in die Ecke legen musste, weil mein Ellbogen stark angeschwollen war. Ich kann noch nicht alles so machen, wie ich mir das vorstelle. Aber das, was vorne auf der Scheibe ankommt, ist nicht so schlecht.“

Was hast du dir für deinen ersten Einsatz vorgenommen?

Brodmeier: „Ich möchte technisch saubere Anschläge schießen, damit ich selbst wieder in dieses Ritual und den Rhythmus reinkomme. Ich muss wieder wissen, wie es ist, einen Wettkampf zu schießen. Und ich bin mir sicher, wenn ich meine Technik abrufen kann, werde ich im Finale sein. Aber das ist sehr von meinem Ellbogen abhängig. Es ist eine Grauzone, wo ich nicht weiß, ob das gut geht, oder ob er an diesem Tag verrückt spielt und ich nichts dagegen machen kann.“

Hast du dadurch manchmal auch Bedenken, wieder an deine Leistungen anknüpfen zu können?

Brodmeier: „Durch den Unfall habe ich andere Erwartungen an mich selbst. Ich mache mir selbst schon Druck, denn ich will etwas erreichen im Leben.  Aber ich möchte nur zurückkommen, wenn ich merke: Da kann ich etwas reißen.“ 

Hast du deshalb selbst die höchsten Erwartungen an dich?

Brodmeier: „Ich habe schon die Erwartungshaltung, dass ich dort weitermache, wo ich aufgehört habe und eigentlich stärker zurückkomme, weil ich vom Kopf her wieder frei bin. Ich bin motiviert und habe wieder vollen Spaß an der Sache. Der Ellbogen bremst mich gerade etwas aus, nicht noch mehr zu machen, aber vielleicht ist das auch gar nicht so schlecht. Ein Haar in der Suppe muss ja immer sein.“ 

Was hat dich dazu bewegt, wieder voll anzugreifen?

Brodmeier: „Ich habe bereits vor der Verletzung beschlossen, wieder mit dem Schießen anzufangen, weil ich richtig Lust darauf hatte. Ich wollte wieder zurück zu den Leuten und diesen Spaß haben. Das war mir wichtig.“ 

Deine Teamkollegen freuen sich sicher schon wieder auf dich!

Brodmeier: „Seit den Olympischen Spielen ist ein sehr positives Feeling in der ganzen Nationalmannschaft, auch deswegen habe ich wieder angefangen. Jeder kommt weiter, und es kommen immer mehr gute Schützen. Das macht Spaß.“

Wirst du dich weiterhin aufs Kleinkaliberschießen konzentrieren?

Brodmeier: „Ich werde auch Luftgewehr wieder miteinsteigen, da Liegend nicht mehr olympisch ist. Manchmal mache ich mir schon meine Gedanken, ob ich das wieder schaffe mit meinem Ellbogen, weil das eine Verletzung im Stützarm ist, die man als Schütze überhaupt nicht gebrauchen kann.“ 

Da braucht es viel Selbstdisziplin bei der Physiotherapie...

Brodmeier (lacht): „Man muss sich das so vorstellen: Andere zahlen unheimlich viel Geld für ein Sado-Maso-Studio – ich gehe halt zur Physiotherapie.“

Am Ende wird die ISAS für dich ein großes Überraschungspaket, oder?

Brodmeier: „Das wird mehr als ein Überraschungspaket. Aber ich glaube, dass mir keiner den Kopf abreißen wird, wenn ich nicht gut bin. Dafür bin ich umso glücklicher, wenn es läuft. Ich habe mir auf die Fahne geschrieben, geduldig zu bleiben, obwohl das nicht meine Stärke ist ­– und Spaß zu haben. Ich freue mich einfach, wieder meinen ersten Wettkampf schießen zu dürfen.“

 

 

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