100 Tage Präsident des Deutschen Schützenbundes - Fragen an Hans-Heinrich von Schönfels

29.07.2017

Am 29. April 2017 wurde Hans-Heinrich von Schönfels von den Delegierten des Deutschen Schützentages in Frankfurt am Main zum Präsidenten des Deutschen Schützenbundes gewählt. Über die ersten 100 Tage im Amt sprach Harald Strier, Chefredakteur der Deutschen SchützenZeitung (DSZ) mit dem neuen Präsidenten. Die DSZ stellt uns das Gespräch freundlicherweise zur Verfügung.

 

Herr Präsident von Schönfels, 100 Tage sind Sie jetzt in Ihrem neuen Amt. Wie viele davon waren Sie zuhause?

 

Doch schon noch einige. Meine Familie erkennt mich noch. Aber ich muss sagen, dass diese erste Zeit enorm arbeitsintensiv und auch mit vielen Fahrten und Terminen verbunden war. Zunächst mussten wir natürlich erst einmal den Deutschen Schützentag in Frankfurt am Main vollständig abschließen, wir mussten „aufräumen“. Schließlich war der Hessische Schützenverband, in dem ich noch bis Ende Oktober Präsident bin, ja der Ausrichter. Wir haben sehr viel Lob für diese einmalige Veranstaltung bekommen – das möchte ich komplett an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitergeben.

 

An was vom Frankfurter Schützentag erinnern Sie sich denn am liebsten – abgesehen natürlich von Ihrer Wahl zum Präsidenten?

 

Da möchte ich gerne drei Ereignisse nennen. Den nachhaltigsten Eindruck haben bei mir der Schützenzug durch die Stadt und die Proklamation der Bundeskönigin und des Bundesjugendkönigs hinterlassen. Das Wetter war gut, viele Menschen standen an den Straßen und haben uns freundlich zugewunken und auf dem Römer waren Tausende von Schützinnen und Schützen versammelt, die ein herrliches, buntes Bild abgaben und ein ausgelassenes Fest gefeiert haben. Diesen wunderbaren Eindruck werde ich so schnell nicht vergessen. Auch der Festakt in der Paulskirche war sehr bewegend, schließlich handelt es sich um einen historisch extrem wichtigen Ort für unsere Geschichte und unsere demokratische Gesellschaft.

 

Und dann natürlich die Delegiertenversammlung am Samstag. Zunächst einmal möchte ich mich bei allen Delegierten für den reibungslosen Ablauf der Versammlung im Palmengarten bedanken. Besonders bei unserem Wahlausschuss unter der Leitung von Klaus Stallmann vom Westfälischen Schützenbund. Die Versammlung hat sehr eindrucksvoll gezeigt, dass der Deutsche Schützenbund eine zutiefst demokratische Institution ist und ein Gespür für zukunftsweisende Entscheidungen hat.

 

Ich möchte an dieser Stelle allen Delegierten, die mir und den Kandidaten des neuen Präsidiums das Vertrauen ausgesprochen haben, meinen herzlichen Dank aussprechen. Und, das ist mir sehr wichtig: Allen anderen reiche ich die Hand für eine konstruktive Zusammenarbeit.

 

Was waren Ihre ersten Amtshandlungen?

 

Das waren zunächst – wie erwähnt – die beiden Bundeskönig- bzw. Königinproklamationen und dann am Abend die Ernennung des neuen Ehrenmitglieds im Deutschen Schützenbund, Jürgen Kohlheim, und die Ernennung meines Vorgängers Heinz-Helmut Fischer zum Ehrenpräsidenten im Rahmen des Bundesschützenballs in der Alten Oper.

 

Die Tage und Wochen danach gestalteten sich für mich sehr arbeits- und terminintensiv, was mir als Signal aber auch sehr wichtig war. Nach meinem Antrittsbesuch in unserer Bundesgeschäftsstelle in Wiesbaden und einem Orientierungsgespräch mit unserem Bundesgeschäftsführer Jörg Brokamp habe ich meinen Schwerpunkt auf das „Bekanntmachen“ in den nationalen und internationalen Gremien gelegt.

 

Haben Sie dabei schon Kontakt zu den Spitzenleuten im deutschen Sport aufgenommen?

 

Ja, mein erster größerer Termin war die Feierlichkeit zum 10-jährigen Jubiläum der Deutschen Olympischen Akademie (DOA) Mitte Mai 2017 im Frankfurter Römer, wo ich mit verschiedenen Persönlichkeiten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), die ich ja zum Teil schon länger kenne, gesprochen habe. Anfang Juni war ebenfalls in Frankfurt das Verbandsgespräch DOSB/Bundesministerium des Innern (BMI) und am Tag darauf in Berlin mein Antrittsbesuch bei Innenminister Thomas de Maizère. Mit dem Bund und dem Land Berlin hatten wir eine Unterredung zum Thema „Bogenhalle 70 Meter“ am Bundesstützpunkt Hohenschönhausen. Ansonsten ging es bei diesen Zusammenkünften natürlich auch immer um die „neue Leistungssportförderungsstruktur“, ein Thema, das sehr schwierig ist und das ich für unseren Verband zurzeit in keiner Weise als befriedigend gelöst sehe.

 

Damit im Zusammenhang standen die Gespräche, die ich am Rand des Europäischen Abends des Sports in Brüssel, wo ich auch IOC-Präsident Thomas Bach traf, und einen Tag später beim Parlamentarischen Abend des DOSB geführt habe. Bei diesen Gelegenheiten trifft man die unterschiedlichsten Entscheidungsträger, Politiker und natürlich die Kolleginnen und Kollegen der anderen Sportverbände. Und bei aller Geselligkeit dienen solche Abende in erster Linie dem informellen (und dadurch viel zwangloseren) Gedankenaustausch über aktuelle Fragen. Und das ist momentan und auf mittlere Sicht in erster Linie die Problematik der Leistungssportförderung.

 

Wo genau liegt das Problem?

 

Es ist – kurz gesagt – die fehlende Planungssicherheit. Aus der vorliegenden Strukturkonzeption lassen sich keinerlei konkrete Finanzierungszusagen ableiten. Sogar für das laufende Jahr 2017 sind noch nicht alle finanziellen Bescheide des Bundes eingegangen und auch das Jahr 2018 wird sich ähnlich gestalten. Im September wird der Bundestag neu gewählt, es wird eine Zeitlang dauern, bis sich eine Regierung gefunden hat. Bis dahin wird niemand in Berlin Entscheidungen treffen.

 

Deshalb ist es enorm wichtig, dass der Deutsche Schützenbund selbst finanziell solide ausgestattet ist und dass das Beitragsaufkommen der Mitglieder stabil bleibt. Im Augenblick können wir uns nur auf uns selbst verlassen. Schließlich waren wir bei den Olympischen Spielen von Rio 2016 einer der erfolgreichsten Verbände und wir müssen sehr viel investieren, damit das in Tokyo 2020 auch so bleibt und wir international weiter ganz oben mitspielen können.

 

Apropos - konnten Sie auch im internationalen Bereich schon Ihre „Fühler ausstrecken“?

 

Ja, ich denke sogar mehr als das. Beim Weltcup in München habe ich ISSF-Vizepräsident Gary Anderson und Generalsekretär Franz Schreiber getroffen. Zahlreiche Gespräche führte ich am Rand der Junioren-Weltmeisterschaften Gewehr/Pistole und der ISSF-WM Target Sprint in Suhl. Ende Juni fand wieder in München die außerordentliche Generalversammlung der ISSF zum Thema Wettkampfprogramm bei den Olympischen Spielen in Tokyo 2020 und darüber hinaus statt. Vor ein paar Tagen kam ich aus Baku in Aserbaidschan zurück, wo am Rande der Europameisterschaften auch die Versammlung des Europäischen Schießsportverbandes abgehalten wurde. Alles in allem sind wir in sämtlichen Gremien des internationalen Schießsports hervorragend vertreten.

 

Die Delegiertenversammlung in Frankfurt hat einige neue Leute ins Präsidium des Deutschen Schützenbundes gewählt. Wie läuft denn die Zusammenarbeit?

 

Sehr gut, muss ich sagen. Die Delegierten hatten eine echte Auswahl, und sie haben sich für eine deutliche Verjüngung des Präsidiums entschieden. Wir hatten eine erste Zusammenkunft im Rahmen einer zweitägigen Klausur in Fulda, wo wir über die Art und Weise gesprochen haben, wie wir künftig innerhalb des Präsidiums zusammenarbeiten wollen. Wir haben in Fulda die Ressortzuschnitte abgestimmt und auch schon die wichtigsten Themenbereiche besprochen. Am wichtigsten waren aber das gegenseitige Kennenlernen und die verbindliche Festlegung eines gemeinsamen Verhaltenskodex. Die Grundprinzipien unserer Arbeit werden sein: Transparenz, Kommunikation und der respektvolle Umgang miteinander. Das waren unter anderem ja auch die Forderungen, mit denen der 1. Vizepräsident Lars Bathke und ich uns in Frankfurt zur Wahl gestellt hatten. Was die Inhalte betrifft, möchte ich betonen, dass ja auch das „alte“ Präsidium sehr gute Arbeit gemacht hat. Sonst würde der Deutsche Schützenbund heute nicht so gut dastehen. Es geht uns nicht darum, das Rad neu zu erfinden, aber wir wollen dem Reifen ein neues, schärferes Profil geben.

 

Stichwort „Kommunikation“. Was tut sich im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit in Wiesbaden? Und – in eigener Sache – welche Rolle spielt die Deutsche Schützenzeitung im künftigen Kommunikationskonzept des Deutschen Schützenbundes?

 

Was die Öffentlichkeitsarbeit in der Bundesgeschäftsstelle betrifft, sind wir jetzt „Gott sei Dank“ auf einem guten Weg. Die Stelle ist besetzt und die Abteilung wird ausgebaut. Denn Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit sind Kernthemen unserer Arbeit, sowohl nach außen, aber auch und besonders innerhalb des Verbands. Besonders die interne Kommunikation, gerade auch in die Landesverbände und in die Vereine hinein, werden wir verdichten und verstärken.

 

Zur Zeit wird unsere Homepage überarbeitet und bald ganz neu aufgestellt. Generell werden wir unsere Aktivitäten im Bereich „Facebook/Twitter/soziale Medien“ intensivieren.

 

Die Deutsche SchützenZeitung begleitet den DSB seit dem ersten Tag seines Bestehens, also seit mehr als 150 Jahren. Und allen Unkenrufen zum Trotz wird das klassische Printmedium niemals aussterben, da bin ich mir sicher. Ich persönlich bin ein Freund der DSZ, lese jeden Monat die Schießsportreportagen, die Berichterstattung aus dem Verbandsgeschehen, auch der Landesverbände und Vereine, und die fundierten Beiträge etwa über das aktuelle Waffenrecht oder die Sportgeschichte und die Schützentradition. Das ist jedes Mal eine gute Mischung, und wir freuen uns, dass wir so eine Zeitung haben und herausgeben können.

 

Besten Dank für das Kompliment. Zurück zu den 100 Tagen - Das alles hört sich ja nach einer sehr arbeitsreichen Zeit an. Macht Ihnen Ihr neues Amt Spaß?

 

Erwähnen möchte ich noch der Vollständigkeit halber noch die Gespräche mit dem Präsidium des Forums Waffenrecht in Wiesbaden und das Treffen mit den Landesverbänden Westfalen, Württemberg und Thüringen wegen des Wegfalls der Bundesstützpunkte.

 

Aber zu Ihrer Frage: Ja, es war eine äußerst arbeits- und terminintensive Zeit, was mir aber, wie gesagt, als Signal nach außen auch sehr wichtig ist. Und ja, ich muss gestehen, ich fühle mich recht wohl in meinem neuen Amt. Ich habe in meinen ersten Tagen viel Zuspruch erfahren, wofür ich sehr dankbar bin. Durch die professionelle Zuarbeit unserer Geschäftsstelle unter der Leitung von Herrn Brokamp, die wirklich einen guten Job macht, fällt es mir recht leicht in die neue Rolle hinein zu wachsen.

 

Was wünschen Sie sich für die weitere Arbeit?

 

An dieser Stelle möchte ich mich direkt an die die Leserinnen und Leser dieses Interviews wenden.

 

Liebe Schützenschwestern, liebe Schützenbrüder, ich wünsche mir auch für die Zukunft eine transparente offene Kommunikation, die notwendig ist, um die bevorstehenden Probleme wie die Fertigstellung unseres Neubaus, die Umsetzung der Leistungssportreform und die Aufrechterhaltung unseres hohen sportlichen Niveaus, um nur einige Punkte zu nennen, bewältigen zu können.
Ich setze dabei auf Eure Loyalität und Eure Solidarität - zum Wohle unseres Deutschen Schützenbundes.

  

Vielen Dank, Herr Präsident von Schönfels, für das Gespräch.

  

 

Bild zur Meldung: 100 Tage Präsident des Deutschen Schützenbundes